DNA-Fragmentierung von Spermien
Die Desoxyribonukleinsäure (DNA) ist ein Molekül, das genetische Information für die Entwicklung und die Funktion von Organismen enthält und in allen menschlichen Zellen, mit Ausnahme der roten Blutkörperchen, vorhanden ist.
Im Falle des menschlichen Spermiums ist die genetische Information im Kopf gespeichert. Und um diese auf so engem Raum unterzubringen, sind ausgeklügelte Mechanismen erforderlich, die den Ersatz einiger Moleküle durch andere erfordern (insbesondere werden Histone durch Protamine ersetzt). Das Ergebnis ist eine stark kondensierte DNA, die leicht zu schützen und zu transportieren ist.
In den letzten Jahren hat das Interesse an der Unversehrtheit der DNA von Spermien und an deren Rolle bei Unfruchtbarkeit, die oft den als normal geltenden Qualitätswerten entspricht, zugenommen. Es wurden sogar Versuche unternommen, diesen Parameter als neues Instrument zur Vorhersage der männlichen Reproduktionsfähigkeit zu erklären und so zusammen mit dem herkömmlichen Seminogramm die Untersuchung des männlichen Faktors voranzutreiben.
Índice
- 1 Wie kommt es zur Fragmentierung der Spermien-DNA?
- 2 Mit welchen Techniken wird die Spermienfragmentierung diagnostiziert?
- 3 In welchen Fällen ist eine Studie der Spermien-Fragmentierung empfehlenswert?
- 4 Welche Fragmentierungswerte einer Spermien-DNA gelten als normal?
- 5 Kann die Fragmentierung der Spermien-DNA verbessert werden?
- 6 F+E+I des Instituto Bernabeu: Studien zur DNA-Fragmentierung
Wie kommt es zur Fragmentierung der Spermien-DNA?
Während der Spermienbildung – der Spermatogenese – kann es zu DNA‑Strangbrüchen kommen. Außerdem können sich in den Spermien während der Reifung und der Lagerung in den Nebenhoden vor der Ejakulation DNA‑Schäden anhäufen. Es wurde beschrieben, dass ein fortgeschrittenes Alter bei Männern, bestimmte organische Pathologien des Fortpflanzungssystems (Varikozele, Hodenkrebs, Leukospermie usw.) ebenso wie toxische Gewohnheiten zu einer Zunahme der DNA-Schäden aufgrund einer übermäßigen Produktion reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) oder einer Abnahme der Antioxidantien im Samen führen können.
Mit welchen Techniken wird die Spermienfragmentierung diagnostiziert?
Es gibt eine Vielzahl von Techniken zur Bewertung der DNA-Fragmentierung in Spermien, die sich jedoch in Bezug auf die Empfindlichkeit und die Art der Schäden, die sie erkennen können, grundlegend unterscheiden. Die wesentlichen Techniken der klinischen Praktik sind folgende:
- Comet-Assay (COMET): Wenn kleine Teile fragmentierter DNA vorhanden sind, zeigt die Probe ein Bild, das dem Schweif eines Kometen ähnelt. Es handelt sich um einen hochsensiblen Test, der geringe Mengen geschädigter DNA nachweisen kann und keine große Anzahl von Zellen erfordert, obwohl er nicht zwischen Einzel- und Doppelstrangbrüchen unterscheiden kann.
- Samen-SCSA: Geschädigte DNA ist im Vergleich zu intakten Spermien anfälliger für Hitze- und Säuredenaturierung. Der Hauptvorteil ist, dass durch eine Durchflusszytometrie eine große Anzahl von Zellen bewertet werden kann. Die Einschränkung ist, dass sie nur Einzelstrangschäden nachweist und eine indirekte Analysemethode ist, da sie eine vorherige Exposition gegenüber sauren Bedingungen erfordert.
- Samen-TUNEL: Die TUNEL-Technik basiert auf dem tatsächlichen Nachweis von einzel- oder doppelsträngigen DNA-Fragmenten, wobei das Signal mit dem Grad der Fragmentierung zunimmt. Die Analyse kann subjektiv unter dem Fluoreszenzmikroskop oder objektiv über die Durchflusszytometrie erfolgen.
- SCD: Der Test Sperm Chromatin Dispersion (SCD) bestimmt den Grad der DNA‑Fragmentierung indirekt durch die Quantifizierung der in der Probe vorhandenen Kerndispersion. Es handelt sich um ein schnelles kommerzielles Kit, das jedoch ein hohes Maß an Subjektivität aufweist.
In welchen Fällen ist eine Studie der Spermien-Fragmentierung empfehlenswert?
Die Unversehrtheit des genetischen Spermien-Materials gilt als entscheidend für eine normale Befruchtung, eine korrekte Entwicklung des Embryos und eine erfolgreiche Implantation und Schwangerschaft, sowohl bei der natürlichen als auch bei der künstlichen Befruchtung. Die Einzelstrangschädigung umfasst sogar mehrere Bruchstellen in allen Regionen des Genoms und ist mit oxidativem Stress verbunden, der bei der Reproduktion eine klinische Schwangerschaft erschweren und somit die Zeit bis zur Empfängnis erhöhen würde. Dagegen würden Doppelstrangbrüche der DNA mit einer fehlenden DNA-Reparatur in der Zell-Meiose in Zusammenhang stehen, was zu einem erhöhten Risiko von Fehlgeburten, geringer Embryoqualität und Scheitern der Implantation bei Behandlungen führt [1].
Das Ausmaß und die Art der DNA-Schäden könnten sich daher negativ auf die Reproduktionsergebnisse auswirken, da Studien zeigen, dass Proben von unfruchtbaren Männern wesentlich mehr DNA-Schäden aufweisen als Proben von fruchtbaren Männern [2].
Welche Fragmentierungswerte einer Spermien-DNA gelten als normal?
Derzeit gibt es noch keinen weltweiten Konsens über einen Referenzschwellenwert hinsichtlich der Fragmentierung der Spermien-DNA als Indikator für das Fruchtbarkeitpotenzial eines Mannes. Es wurden je nach Studie, welche die Unversehrtheit dieses genetischen Materials untersuchen, sogar verschiedene Unterscheidungswerte vorgeschlagen. So erfordert TUNEL beispielsweise Werte von weniger als 20 % bei frischem Samen und weniger als 15 % bei kapazitiertem Samen, um eine Samenprobe als normal zu betrachten, während die SCSA-Technik einen Wert von weniger als 30 % erfordert.
Kann die Fragmentierung der Spermien-DNA verbessert werden?
Eine therapeutische Behandlung zur Verringerung der DNA-Fragmentierung bei männlicher Unfruchtbarkeit würde die Einnahme von oralen Antioxidantien, den Verzicht auf toxische Gewohnheiten (Tabak, Alkohol, Drogen usw.) sowie die Beseitigung von Umweltfaktoren (Einfluss von Pestiziden, Umweltverschmutzung usw.), welche die ROS erhöhen, erfordern.
Bei einer IVF-Behandlung wäre eine möglichst genaue und effiziente Spermien-Auswahl unerlässlich, um lediglich die Spermien zu verwenden, die kein beschädigtes genetisches Material enthalten, und zwar durch: Annexin-V-Säulen (MACS), mikrofluidische Chips etc. Außerdem gibt es Studien, welche die Möglichkeit einer Gewinnung von Spermien direkt aus den Hoden (TESA) unterstützen, mit geringeren Schäden in der DNA als bei denen, die bereits ejakuliert wurden.
F+E+I des Instituto Bernabeu: Studien zur DNA-Fragmentierung
Da es sich bei diesem Parameter um ein interessantes Thema handelt, das immer wieder kontrovers diskutiert wird, hat unser Zentrum ein Forschungsprojekt entwickelt, um die Auswirkungen der Fragmentierung der Spermien-DNA weiter zu untersuchen.
Diese Studie soll bewerten, ob der durch TUNEL gemessene Fragmentierungsindex derselben Samenprobe, die für den In-vitro-Fertilisationszyklus verwendet wurde, je nach Qualität der weiblichen Eizelle bei 3 Patientengruppen einen nachteiligen Einfluss auf die Befruchtungsrate, die Embryoqualität und die klinischen Ergebnisse haben könnte: 67 mit normaler ovarieller Reaktion, 150 mit geringer ovarieller Reaktion und 113 Patienten mit einer Behandlung durch Eizellspende. Die Studie kam zu dem Schluss, dass die Ergebnisse der Behandlung zur künstlichen Befruchtung durch die Fragmentierung der Spermien-DNA nicht betroffen sind, unabhängig vom Fragmentierungsindex und der Herkunft der Eizellen.
Diese Arbeit wurde in der Zeitschrift der britischen Gesellschaft für Fruchtbarkeit, Human Fertility, unter dem Titel „Sperm DNA fragmentation on the day of fertilisation is not associated with assisted reproductive technique outcome independently of gamete quality” veröffentlicht und ist auf der Website des Instituto Bernabeu einsehbar.
Literaturhinweise:
Ángel Linares, Embryologe am Instituto Bernabeu