Was ist der embryonale Mosaizismus?
Der Mensch besitzt 46 Chromosomen (23 Paare), in denen sich alle in dem Genom anwesenden Gene verteilen. Von diesen 46 Chromosomen stammt die Hälfte von unserem Vater, und die andere Hälfte von unserer Mutter. So ist es für den Menschen seit seiner embryonalen Etappe notwendig, dass seine Chromosomenanzahl normal ist, um sich angemessen zu entwickeln. Falls die Anzahl der Chromosomen nicht normal ist (es überschüssige oder fehlende Chromosomen gibt), entwickelt sich der Embryo nicht richtig, und als Folge davon implantiert er nicht in der Gebärmutter, was zu einer Fehlgeburt oder zu einem Kind mit Fehlbildungen führt.
Wenn der Embryo durch eine Behandlung der In-vitro-Fertilisation erzeugt wird, können wir diese Situationen durch eine komplette Chromosomendiagnose des Embryos (PGS/PGT-A/CCS) verhindern. Die leistungsstarken Technologien, über die wir inzwischen verfügen (Array-CGH oder Next generation sequencing /NGS), erlauben es uns, Anomalien bei der Anzahl jedes Chromosoms festzustellen, und nur chromosomisch normale Embryonen zu transferieren. Dieses Diagnose erfolgt mit Hilfe einer Biopsie des Embryos, die in der Extraktion von 5 bis 10 Zellen aus der externen Schicht des Embryos (der zukünftigen Plazenta) in den Tagen 5 bis 7 der embryonalen Entwicklung besteht. Dieses Verfahren ist für die korrekte Entwicklung und Implantation des Embryos nicht hinderlich.
Seit diese Techniken für die Chromosomendiagnostik des Embryos verwendet werden, wurde ein Phänomen beschrieben, das bei menschlichen Embryonen auftritt, nämlich der Chromosomenmosaizismus.
Der Mosaizismus beim Embryo besteht darin, dass der Embryo eine Mischung aus chromosomisch normalen und anormalen Zellen aufweist (für eine oder mehrere Chromosomen). Diese Anomalie tritt auf Grund einer schlechten Trennung der Chromosomen während der Teilung des Embryos auf und scheint weder mit einem mütterlichen noch mit einem väterlichen Faktor zusammenzuhängen. Laut den vorangehenden Studien schätzt man, dass 20% der menschlichen Embryonen Chromosomenmosaizismus aufweisen. Die für ein bestimmtes Chromosom anormalen Zellen können einen Anteil von 20% bis zu 80% der gesamten Zellen des Embryos ausmachen.
Es hat sich gezeigt, dass Embryonen, bei denen ein Mosaizismus diagnostiziert wurde, eine etwas geringere Fähigkeit haben, sich einzunisten und zu einer sich entwickelnden Schwangerschaft zu führen, als Embryonen ohne Mosaizismus, die jedoch nicht zu vernachlässigen ist. Laut einer in unserem Zentrum durchgeführten Studie haben diese Embryonen mit einem höheren Prozentsatz als normale Embryonen einen frühen Abort zur Folge und etwa 30 % führen zu einer lebensfähigen Schwangerschaft (Lledó et al., 2017). Das kann darauf zurückzuführen sein, dass diese Embryonen möglicherweise die Fähigkeit haben, die abnormen Zellen in irgendeiner Form zu korrigieren oder dass sich diese Zellen einfach nur langsamer teilen als der Rest und mit der Zeit verschwinden und so ein völlig normaler Embryo entsteht. Eine weitere Theorie ist, dass sich die Zellen mit Chromosomenanomalien in der äußeren Schicht des Embryos befinden und nicht in der inneren Zellmasse, aus der das künftige Baby entsteht.
Im Hinblick auf einen Transfer von Mosaikembryonen sollten diese Embryonen nur dann für den Transfer in Betracht gezogen werden, wenn keine normalen Embryonen vorhanden sind. Außerdem sollten die Patienten vor dem Transfer stets eine angemessene genetische Beratung erhalten. Sie sollten über die Art des Mosaiks und das spezifische Risiko informiert werden, das in jedem Fall besteht (Nichtimplantation, Fehlgeburt oder Kind mit Syndrom oder Fehlbildung). Bislang wurde von allen weltweit übertragenen Mosaikembryonen kein Kind mit Problemen geboren, die mit einem beim Embryo diagnostizierten Mosaizismus zusammenhängen. Solange jedoch nicht mehr über dieses biologische Ereignis und seine Folgen bekannt ist, sollten im Falle einer Schwangerschaft eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, wie z. B. häufigere Ultraschalluntersuchungen und/oder pränatale Tests, um mögliche Anomalien beim Fötus vor der Geburt zu erkennen.
Die Internationale Gesellschaft für Präimplantationsdiagnostik (Preimplantation Genetic Diagnosis International Society / PGDIS) empfiehlt die Durchführung einer Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese), um zu bestätigen, dass der Karyotyp des Fötus normal ist, oder zumindest eines nicht-invasiven pränatalen Tests (NIPT). Der Arzt beurteilt zusammen mit dem Genetiker jeden Fall und empfiehlt den für die Patienten am besten geeigneten pränatalen Test.
Im Instituto Bernabeu verfügen wir über modernste Technologien zur Chromosomendiagnose des Embryos und über ein multidisziplinäres Team (Ärzte und Genetiker), das Sie in diesen Fällen berät.
Veröffentlichung der Studie des Instituto Bernabeu:
Dr. Ruth Morales, Molekularbiologin am Instituto Bernabeu.
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